„Lass uns mal ‘ne App bauen!“ Eine Produktidee ist schnell skizziert. Doch vor der Entwicklung lohnt es sich, ein paar Schritte zurückzugehen. Was ist eigentlich das Problem, das das neue Produkt lösen soll? Und wer hat das Problem eigentlich genau? Ein Beispiel: Eine App für sexuelle Aufklärung war die Idee der LOVIS-Gründerinnen Antonia Böttinger, Jana Pyrek und Sarah Holzenkamp. Gute Idee! Damit die App auch bei der jugendlichen Zielgruppe ankommt, haben sich die drei Entwicklerinnen in die Lebenswelt der Anwender:innen begeben, um die Bedürfnisse auch wirklich zu verstehen. Dazu nutzten sie Amazons Innovationsmethodik „Working Backwards“.
Diese Methodik startet am Ende des Innovationsprozesses und skizziert direkt am Anfang, was am Ende rauskommen soll – damit das Produkt nicht nur da ist, sondern tatsächliche Probleme von Menschen löst. Dieses Vorgehen ist schon lange Teil in Amazons Alltag. Für die Teams der 4. Förderrunde von digital.engagiert ist es das jetzt auch. Lars Schmitz, Digital Innovation Lead bei Amazon Web Services (AWS) und Jurymitglied von digital.engagiert zeigte den Teams in einem zweitägigen virtuellen Workshop, wie man die Methodik angeht und teilte seine Erfahrungen aus der Produktentwicklung und dem Startup-Coaching mit ihnen. Am Anfang standen einige Kernfragen: Wer sind die Anwender:innen und welche Probleme haben sie? Welchen Nutzen soll das Produkt für sie erfüllen? Und wie erfährt die Zielgruppe das Produkt? Lässt sich der Bedarf an der Produktidee durch Daten belegen?
Sind die zentralen Fragen beantwortet, machen die Teams einen gedanklichen Sprung in die Zukunft und entwickeln eine fiktive Pressemitteilung. Ziel ist es, den Nutzen des jeweiligen Produkts für eine ganz spezielle Zielgruppe auf den Punkt zu bringen. Ein Storyboard hält das gewünschte Erlebnis visuell fest.
Diese Erfahrung hat auch das digital.engagiert Team LOVIS gemacht. LOVIS nimmt sich dem geschilderten Problem vieler Jugendlicher an und macht Sexualbildung digital. Das Team entwickelt eine App mit Wissensplattform und Chatbot, über die sich Teenager anonym und altersgerecht über Themen der sexuellen Entwicklung informieren können.
Working Backwards hat ihre Perspektive verändert: „Man setzt eine Brille auf, mit der man die Nutzer:innen plötzlich ganz anders sieht“. So hat das Team mithilfe der „Anwender-Brille“ ein weiteres Teilproblem ihrer Zielgruppe identifizieren können: Den Faktor Zeit bei der Informationsbeschaffung. Das geht digital am schnellsten. Das Hineinversetzen in die Nutzer:innen fiel ihnen leicht. Schwerer war es, deren Problem und Bedürfnisse kurz und prägnant in Worte zu fassen. Mit dem Ergebnis sind sie zufrieden: „Wir hatten plötzlich vereinfacht vor Augen, was wirklich Sache ist.“