Märchen sind out? Im Gegenteil! Dass Märchen wieder richtig Spaß machen können, beweist die Autorin Halo Summer. Humor, Spannung und die Liebe zum Erzählen zeichnen ihre Bücher aus und machen Halo derzeit wohl zu Deutschlands beliebtester Märchenerzählerin. Tausende Leser verschlangen die fantastischen Geschichten der Sumpfloch-Saga, viele Hunderte von ihnen würdigten die unterhaltsame Neuerzählung von Aschenputtel mit hervorragenden 4,7 Sternen. „Ein großer Spaß“, „zauberhaft“ und „absolut empfehlenswert“ sind nur drei der Leserstimmen, die sich für das Abenteuer der Claerie Farnflee begeistern. Ende Oktober wurde die Schriftstellerin nun von Amazon im Rahmen der Frankfurter Buchmesse für ihr Märchen Aschenkindel mit dem Kindle Storyteller Award 2016 preisgekrönt. Mehr als 1.900 Bücher hatten Autoren für den Schreibwettbewerb nominiert. Dass am Ende ein Märchen gewinnen würde, damit hatte wohl niemand gerechnet. Am wenigsten die Autorin selbst…

Es war einmal eine junge Frau, die träumte davon, Schriftstellerin zu sein...

... und ihr Traum wurde Wirklichkeit. Ich habe den Wunsch, vom Schreiben leben zu können, nie aufgegeben. Mein großes Glück war, dass Amazon 2011 Kindle Direct Publishing ins Leben rief – also die Möglichkeit, Bücher ohne einen Verlag selbst herauszubringen. Ich habe es begeistert ausprobiert und der Erfolg hat all meine Erwartungen übertroffen. Mein Traum wurde tatsächlich wahr.

Wie bist du Schriftstellerin geworden?

Ich beschloss mit 14 Jahren, Schriftstellerin zu werden, nachdem ich den letzten Satz von Herr der Ringe gelesen hatte. Damals habe ich gemerkt, wie sehr mich eine Geschichte berühren kann, und ich wünschte mir sehnlichst, andere Leser ebenso zu bewegen, indem ich eigene Geschichten schreibe und veröffentliche. Also schlachtete ich mein Sparschwein, kaufte mir 1984 eine mechanische Schreibmaschine und brachte mir, obwohl ich ein wirklich fauler Teenager war, selbst das Maschinenschreiben bei. Seither schreibe ich Bücher, doch veröffentlichen konnte ich sie erst über Kindle Direct Publishing.

Heute zählst du zu den erfolgreichsten Self Publishern. Im Oktober 2016 durftest du sogar den Kindle Storyteller Award entgegennehmen. Bist du stolz?

Ja und wie. Das Ganze ist verrückt: Im Sommer 2016 habe ich angefangen, das Märchen Aschenkindel zu schreiben und zu veröffentlichen. Dass ein Märchen ein solcher Erfolg wird, ich im Herbst sogar einen Preis damit gewinne und das Buch noch im selben Jahr im Buchhandel erscheint, damit hätte ich nie gerechnet.

Und was macht Aschenkindel zu einem Siegerbuch?

Die Begründung lautete, ich hätte eine Figur erschaffen, die uralt und gleichzeitig blutjung sei. Die Sprache sei für das Genre ungewohnt, würde den heutigen Lesern aber direkt von den Lippen fließen. Die Erzählung sprühe vor Lebenslust, Erzähllaune und Einfällen. Ein sehr schönes Lob, finde ich.
Mir selbst war es wichtig, die Geschichte vom Aschenputtel nachvollziehbar und realistisch zu schreiben. Die üblichen Klischees wie Gut und Böse, Schwarz und Weiß gibt es nicht. Aschenkindel ist ein Mensch aus Fleisch und Blut, der nicht nur lieb ist, sondern Wünsche und Bedürfnisse hat, nach denen er handelt. Ebenso die Stieffamilie, die im Märchen sehr schlecht wegkommt. Auch in meiner Geschichte erscheint sie anfangs böse, aber nach und nach zeigt sich die menschliche Seite der Personen, so dass man ihr Handeln verstehen kann. Und schließlich ist das Buch, wie auch die menschliche Natur, unterhaltsam und lustig.

Was hat sich durch den Preis für dich verändert?

Ich gebe viele Interviews und habe gemeinsam mit dem Verlag HarperCollins die Veröffentlichung von Aschenkindel als Taschenbuch vorbereitet. Seit dem 5. Dezember 2016 ist es nicht nur online, sondern auch im Buchhandel erhältlich.

Da ist ja einiges los bei dir. Bleibt bei dem Trubel noch Zeit zum Schreiben?

Damit habe ich meine Mühe. Ich musste die Fans meiner Sumpfloch-Saga schon vertrösten, da der achte Band nicht wie geplant vor Weihnachten erscheinen kann. Dafür habe ich durch den Gewinn des Preises viele neue Leser gewonnen und das größere Interesse an mir und meiner Arbeit freut mich natürlich sehr.

Welche Vorurteile gegenüber Self Publishern würdest du gerne aus der Welt schaffen?

Seit ich selbst veröffentliche, stoße ich auf das Vorurteil, dass Self Publisher Autoren seien, die von den Verlagen abgelehnt worden seien und daraufhin ihre Bücher unlektoriert und unkorrigiert ins Internet stellen würden. Das stimmt aber gerade bei erfolgreichen Self Publishern überhaupt nicht. Sie haben weit größere Leserzahlen als die meisten Verlagsautoren und jedes Buch wird vor dem Veröffentlichen professionell von Lektoren und Korrektoren überarbeitet, so wie es in einem Verlag auch geschieht. Deswegen ist der Kindle Storyteller Award so eine tolle Sache, denn er trägt dazu bei, genau diese Vorurteile abzubauen.

Dank dem Storyteller Award und HarperCollins hast du deinen ersten Verlagsvertrag in der Tasche. Wie wirst du deine Bücher in Zukunft publizieren?

Ich werde hier und da gerne mit einem Verlag zusammenarbeiten, aber hauptsächlich immer eine Self Publisherin bleiben. Für einen Kontrollfreak wie mich ist das die perfekte Arbeitsweise.

„Kontrollfreak“?

Ich gebe meine Buchprojekte ungern aus der Hand. Ich möchte ganz allein entscheiden, wie sich die Geschichte entwickelt und wie lang sie wird. Ich gestalte den Klappentext und auch das Buchcover selbst. Ich veröffentliche eine Geschichte erst, wenn sie für mich absolut stimmig ist und mir selbst beim Lesen viel Freude bereitet. Vorher gebe ich ein Buch nicht heraus. Da bin ich besonders eigen.

Wie arbeitest du und wann traust du dich mit einem Buch an die Öffentlichkeit?

Am Anfang habe ich erste Ideen zu einzelnen Szenen und Charakteren. An diesen Ideen arbeite ich mich langsam in der Geschichte voran und entwickle die Storyline. Wenn ich das Buch fertig geschrieben und überarbeitet habe, bekommt es meine Schwester zu lesen. Sie ist meine Lektorin und meine strengste, ehrlichste und beste Kritikerin. Wenn es ihr gefällt, ist das ein gutes Zeichen.

In deinen Büchern geht es fantastisch zu: Es gibt Halbvampire, Krötenmenschen, Zwischenwelten und viel Magie. Was reizt dich am Fantasy-Genre?

Viele Leute ziehen sich in Fantasy-Welten zurück, um dem Alltag zu entkommen und einen abenteuerlichen, bunten Traum zu träumen. Das ist ein guter Grund, Fantasy-Bücher zu lesen, und manchmal mache ich das auch so. Für mich als Autorin ist Fantasy-Literatur aber vor allem eine Möglichkeit, den Alltag neu zu betrachten und die Wirklichkeit zu erforschen. Indem wir gedanklich in eine fremde Welt gehen, in der andere Gesetze und Grenzen gelten, entdecken wir uns neu.

Woher nimmst du die Ideen zu deinen Büchern?

Alles, was ich täglich sehe oder erlebe, inspiriert mich. Da ist immer diese Frage im Hinterkopf: Was wäre, wenn dieses oder jenes passieren würde? Fesselt mich eine Idee so sehr, dass ich zu schreiben beginne, zieht sie neue Ideen geradezu magisch an und in meinem Kopf wimmelt es nur so vor Szenen und Figuren. Wird mir das zu bunt, gehe ich mit meinen Hunden in den Wald und dort fügen sich die Ideen in meinem Kopf zu einer schlüssigen Geschichte zusammen. Wir wohnen in einer abgeschiedenen Ecke Stuttgarts, neben einem Friedhof, mitten in der Natur. Wenn der Mond scheint, herrscht hier eine ganz besondere Stimmung, als wäre man in einer anderen Welt. Manchmal kommt es mir so vor, als würde mir die Umgebung die Geschichten einflüstern.

Bist du denn eine Nachteule, wenn es ums Schreiben geht?

Je mehr sich eine Geschichte ihrem Ende nähert, desto stärker werde ich vom Schreibfieber gepackt. Ich hole morgens um sechs Uhr den Laptop ins Bett und höre erst nachts um drei Uhr mit dem Arbeiten auf. Wenn man so lange wie ich darauf gewartet hat, gelesen zu werden, und dann diese Chance bekommt, verpasst einem der Erfolg einen Energieschub. Die Reaktionen meiner Leser haben mich in den letzten Jahren sehr beflügelt.

Was rätst du Autoren, die selbst ein Buch verlegen möchten?

Es ist wichtig, sich vorher gut zu informieren. Die Self-Publisher-Bibel von Matthias Matting kann ich sehr empfehlen. Man sollte seine Geschichte unbedingt von einem Lektor überarbeiten lassen. Das Problem bei vielen Autoren ist, dass sie gnadenlos von sich überzeugt sind. Und weil man meistens so verliebt in sein Buch ist, merkt man nicht, wenn es nicht so zündet. Selbsterkenntnis ist ein ganz wichtiger Schritt. Man braucht das Feedback von Leuten, die ehrlich sind und sich auskennen.

Hier finden Sie die Bücher von Halo Summer.