Nicht träumen, sondern machen! So lautet das Credo von Anna Nordlander. Mit nur 26 Jahren wurde der Schwedin, die als Studentin zum Online-Outdoor-Händler The Friendly Swede kam, die Geschäftsführung angeboten. Was anderen einen Heidenrespekt einflößen würde, weckte bei Anna Neugierde. Inzwischen leitet sie seit über drei Jahren den Online-Shop, der exklusiv über Amazon Marketplace verkauft. Ihr ‚Baby’, wie sie das Unternehmen nennt, ist seither rasant gewachsen.
„Seit August letzten Jahres verkaufen wir nun endlich auch in Deutschland. Ohne Amazon wäre dieses Wachstum nicht möglich gewesen. Marketplace erleichtert es sehr, Kundschaft auf der ganzen Welt anzusprechen."
Eigentlich wollte Anna Diplomatin werden und für große Organisationen wie die Vereinten Nationen arbeiten. Doch dann kam 2011 diese Facebook-Nachricht von ihrem ehemaligen Studienkollegen John Lundqvist. Der Unternehmer hatte ein halbes Jahr zuvor einen Online-Shop als Marketplace-Händler eröffnet. In den USA vertrieb ‚der nette Schwede’ – der Firmenname spielt auf den freundlichen und aufgeschlossenen Ruf seiner Landsleute an – ein buntes Sammelsurium an Artikeln, von der Handyhülle bis zum digitalen Stift. „Am Anfang musste The Friendly Swede ums Überleben kämpfen“, erzählt Anna. „Johns finanzielle Möglichkeiten waren ausgeschöpft, der Verkauf kam nur langsam ins Laufen. Aber es gab keine andere Option. Das Geschäft musste funktionieren.“
Aber nur für ein Jahr...
Die Wende kam nach einem halben Jahr. Der Umsatz stieg deutlich an. Mit dem wachsenden Erfolg brauchte John auch Beratung in juristischen Fragen und bat Jura-Studentin Anna um Hilfe. Ihre Antwort darauf war: „Ich arbeite für Dich, aber nur ein Jahr. Danach werde ich Diplomatin.“ Damit gehörte sie ab Januar 2012 zum Team. Doch das Jahr war im Flug vorbei. Schon bald beriet Anna nicht nur in rechtlichen Angelegenheiten: „Dem Unternehmen fehlte der rote Faden im Sortiment. 2014 haben wir unsere Produkte umgestellt und uns auf Outdoor-Artikel konzentriert. Wir hatten Survival-Armbänder aus Fallschirmleine im Angebot. Die verkauften sich am besten. So wurden wir erst auf die Sport- und Outdoorschiene aufmerksam.“ Nach und nach tauschte The Friendly Swede sein Angebot aus – von kurzlebigen ‚Wegwerfartikeln’ zu hochqualitativem Equipment mit teils lebenslanger Garantie für Naturfreunde, Reisebegeisterte, Abenteurer und Sportler. Der Sportsgeist hielt auch Einzug in die Firmenkultur: Konferenzen werden am Firmensitz Uppsala an einer Tischtennisplatte abgehalten.
Steil bergauf
Damit waren die Schweden nun endgültig auf Erfolgskurs. Waren die Produkte von The Friendly Swede zu Beginn nur in den USA erhältlich, freuen sich seit April 2014 auch Japaner über Outdoor-Abenteuer mit Karabinerhaken und federleichten Reisehandtüchern. Seit Anfang 2015 vertreibt das Unternehmen seine mit viel Sorgfalt ausgewählten Artikel in Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien. „Seit August letzten Jahres verkaufen wir nun endlich auch in Deutschland. Ohne Amazon wäre dieses Wachstum nicht möglich gewesen. Marketplace erleichtert es sehr, Kundschaft auf der ganzen Welt anzusprechen“, sagt Anna. Die deutschen Kunden schätzen vor allem die hohe Qualität der Produkte und den starken Kundenservice.
Aus dem Studium in den Chefsessel
Längst war für die Studentin aus einem Teilzeitjob eine Vollzeitstelle geworden, neben der die Powerfrau ihr Studium erfolgreich abschloss. Eine anstrengende Zeit, in der Anna aber auch eines bewusst wurde: „In einem kleinen Unternehmen kannst du schneller Erfolge feiern als in großen Organisationen oder Konzernen, wo Entscheidungen viele Ebenen durchlaufen müssen und oft lange dauern.“ Mit einem Lächeln fügt sie hinzu: „Ich bin von Natur aus ungeduldig.“ Bereits neun Monate, nachdem Anna bei The Friendly Swede anfing, stellte John sie erneut vor eine wichtige Entscheidung: „Willst Du Geschäftsführerin werden?“ Die Antwort fand sich bei Google. „Ich hatte keine Ahnung, was eine Geschäftsführerin eigentlich macht, also recherchierte ich. Auf einer Webseite stand, dass es besonders wichtig ist zu kommunizieren, mit Kunden, Angestellten und dem Aufsichtsrat“, erzählt die Schwedin. Reden? Das kann ich, habe sie sich gedacht, und das Angebot angenommen.
Frauenpower in der Oberliga
Heute besteht das gesamte Managementteam aus Frauen – darauf ist Anna besonders stolz. „Außerdem ist es für mich ein großer Erfolg, dass mein junges Team ohne Probleme dem rasanten Wachstum standgehalten hat.“ Das Wort „rasant“ trifft es ganz gut. Seit seiner Gründung 2011 erwirtschaftete das Unternehmen mehrere Millionen Euro Umsatz. Es kann einem fast ein wenig schwindelig werden wenn Anna die letzten drei Berufsjahre Revue passieren lässt. Bleibt da überhaupt noch Zeit für persönliche große Träume? „Ich spreche eigentlich nicht so gerne von ‚Träumen’, denn Träume sind etwas, von dem wir doch nicht genau wissen, wie wir es erreichen sollen. Ich stecke mir lieber ‚Ziele’, denn die kann ich verwirklichen. In Australien leben steht definitiv auf meiner Liste und das wird irgendwann passieren.“