„Manche Kundinnen schauen auch nur mal rein, um ein bisschen mit uns zu schwatzen“, erzählt Antje Rudolph mit einem stolzen Lachen. Dass die Kundinnen und Kunden von „Madame Jordan“ gern in das kleine Ladenlokal im Prenzlauer Berg in Berlin kommen, ist der 48-Jährigen wichtig. Gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin Christiane Jordan (39) sitzt sie gerade im hinteren Bereich des Geschäfts, in dem das Team seit acht Jahren Babytragen fertigt und verkauft.
„Es gab zwar viele Läden für Kinderwagen, aber für Babytragen gab es so ein Geschäft noch nicht."
Von hier aus kümmern sich die beiden Unternehmerinnen um die Bestellungen, die Buchhaltung und das Online-Geschäft. Nebenan nähen die Mitarbeiter Julia und Joszef gerade eines der Tragetücher, die im vorderen Teil des Ladens verkauft werden. In dem kleinen Ladenlokal strahlen bunte Farben in den Regalen mit den leuchtenden Kinderaugen auf großen Fotos an den Wänden um die Wette. Die Fotos zeigen Eltern, die ihre Babys am Körper tragen. Die verschiedenen Tragetücher und -systeme, die man dazu braucht, liegen gefaltet in den Regalen darunter, nach Modellen sortiert. Die Tragetücher und Tragesysteme fertigt das Team von Madam Jordan in vielen verschiedenen Farben und Designs an. Das Material dafür: nachhaltig produziert und handgewebt. Kinderkleidung und kleine Spielzeuge, wie eine Rassel in Form des Berliner Fernsehturms, ergänzen das Angebot.
Geburt der Tochter und Geburt einer Idee
„Es gab zwar viele Läden für Kinderwagen, aber für Babytragen gab es so ein Geschäft noch nicht“, erinnert sich Christiane Jordan an die Zeit, in der die Idee für ihren Laden entstand. Die junge Mutter hatte 2009 gerade ihr erstes Kind zur Welt gebracht und fand einfach nicht das passende Tragesystem.
„Ich habe damals ganz viel ausprobiert“, erinnert sich Christiane. Rat suchte sie bei ihrer heutigen Geschäftspartnerin. „Antje ist eigentlich meine Tante, ist aber nur 9 Jahre älter als ich. Wir sind deswegen aufgewachsen wie Schwestern“, erklärt die Berlinerin die Verbindung der beiden Unternehmerinnen. Antje Rudolph hatte zu dem Zeitpunkt bereits drei Kinder und nähte für ihr Leben gern. So suchte die gelernte Erzieherin gemeinsam mit ihrer Nichte Christiane nach einer simplen Tragelösung für die kleine Tochter. Denn die „Madame“ hatte ihren eigenen Kopf und wollte ab liebsten immer getragen werden, erzählt die junge Mutter. So ist in der Zeit nicht nur der Name des Geschäfts „Madame Jordan“ entstanden sondern auch die besondere Konstruktion der Babytragen: eine Kombination aus Hüftgurt und Tragetuch, deren Schultergurte sich so weit auffächern lassen, dass die Trägerin oder der Träger das Gewicht beliebig auf den Schultern verteilen kann.
Das sei wichtig, erklären die Trageexpertinnen, die inzwischen über ein umfangreiches Wissen über Babytragen verfügen. Schließlich gehe es nicht nur ums Baby sondern auch um die Eltern, die ja eine Menge zusätzliches Gewicht am Körper tragen müssten.
Coaching von den Profis
Aktuell ist ein Tragetuch von Madame Jordan auch für Christiane wieder täglicher Begleiter. Sie ist gerade zum dritten Mal Mutter geworden und hat ihr Baby auch im Laden immer bei sich am Körper. Als sich Christiane im letzten Jahr im Mutterschutz ein wenig aus dem Geschäft zurückziehen konnte, stieß sie im Internet auf die Initiative „Unternehmer der Zukunft“, bei der kleine Betriebe fit fürs digitale Zeitalter gemacht werden. Das gemeinsame Projekt der Zeitschrift „WirtschaftsWoche“ und Amazon unterstützt kleine Händler dabei, den Start in den Onlinehandel zu unternehmen oder das bestehende Geschäft im Internet auszubauen. Begleitet werden 23 ausgesuchte Betriebe über mehrere Monate hinweg von erfahrenen Amazon Händlern als Coaches.
Die Hochschwangere schrieb in der freien Zeit eine Bewerbung und war völlig überrascht, dass „Madame Jordan“ mit ihrem Nischenprodukt tatsächlich ausgewählt wurde. Die Unternehmerinnen lernen von ihrem Coach Klaus Forsthofer – der selber erfolgreicher Händler ist – wie ihre Produkte noch besser im Netz gefunden werden, erhalten Tipps und Tricks für den Verkauf im Netz sowie den Auf- oder Ausbau des Geschäfts auf dem Amazon Marketplace. Dort gibt es jetzt eine exklusive Kollektion, die nur über Amazon zu finden ist – und zwar bei „Amazon Handmade“. Hier werden ausschließlich handgefertigte Produkte von Kunsthandwerkern und Kreativen angeboten. Neben Bilderrahmen, Schmuck und selbstgemachten Holzregalen gibt es hier auch die handgenähten Babytragen aus dem kleinen Laden in Berlin – der auch weiterhin Dreh- und Angelpunkt des Unternehmens bleiben soll.
Weiterbildung zur Trageberaterin
Das Wissen und die Erfahrung für die Babytragen haben sich die beiden Inhaberinnen von „Madame Jordan“ mit der Zeit angeeignet.
Gemeinsam haben die Geschäftspartnerinnen mehrere Fortbildungen zur Trageberatung mitgemacht und arbeiten bei der Entwicklung ihrer Babytragen mit anderen Profis zusammen. Gerade junge Eltern hätten viele Fragen zum Thema „Tragen“, erzählt sie. Im Laden gibt es Beratung aus erster Hand. Durch einen Blog, den Christiane Jordan schreibt und durch Internetforen seien aber viele Menschen auch außerhalb Berlins auf das Wissen und das Angebot von „Madame Jordan“ aufmerksam geworden. „Es lag da einfach nahe, auch Online zu verkaufen“, sagt Christiane. Als gelernte Informatikerin war es für sie ein Leichtes, den Online-Shop aufzubauen. „Das ist ihr Baby“, lobt ihre Tante Antje Rudolph lachend. Sie ist froh, dass ihre Geschäftspartnerin sich so gut mit dem Programmieren der Website auskennt und „Madame Jordan“ damit noch mehr Menschen mit ihrem Angebot erreichen kann.
Direkter Draht nach Berlin – Beratung via Internet
Der Anspruch des Ladens bleibt: Eine Tragehilfe muss passen und gut angelegt sein. „Das ist wie Schuhe kaufen“, sagt Antje Rudolph. Und um Kunden Beratung im Internet zu bieten, steht „Madame Jordan“ ihren Kunden jetzt auch mittels Videotelefonie Rede und Antwort. Und wer möchte, kann sich zunächst ein Leihpaket bestellen, um den richtigen Sitz und die Handhabung in Ruhe auszuprobieren.
Die Berlinerinnen sind neugierig, wie sich das Geschäft entwickeln und ob sich ihr Kundenstamm noch erweitern wird. Für das Team von „Madame Jordan“ steht hinter der Ausdehnung des Geschäfts der Wunsch, mehr Menschen auf die Vorteile und die Philosophie des Tragens von Kindern aufmerksam zu machen und mit ihrem Know-How zu begeistern. Und sie freuen sich auf noch mehr Kunden aus allen Teilen Deutschlands, die dann bei einem Besuch in der Hauptstadt vorbeikommen zum Schwatzen. Dort in ihrem kleinen, bunten Reich mitten im kinderreichen Prenzlauer Berg – der Kiez von „Madame Jordan“ in Berlin.