Im Februar ist digital.engagiert in die fünfte Förderrunde gestartet. Die Förderinitiative wurde 2018 von Amazon und dem Stifterverband ins Leben gerufen. Seither hat das Programm mehr als 50 Projekte dabei unterstützt, ihre kreative Idee Realität werden zu lassen. Gesucht werden in jeder Runde digitale soziale Projekte aus dem zivilgesellschaftlichen Bereich, ganz gleich, ob sich das Team als Verein, Verband oder soziales Start-Up engagiert: was zählt, ist die Idee, digitale Lösungsansätze zu nutzen, um die digitalen Fähigkeiten junger Menschen zu fördern.

In der fünften Förderrunde engagiert sich Amazon Web Services (AWS) erstmalig als aktives Fördermitglied. Mit diesem neuen Partner an Bord hat sich die Förderinitiative im Bereich der technischen Realisation stark weiterentwickelt. Designt wurden die neuen Programmbausteine von Lars Schmitz, Digital Innovation Lead bei AWS. Im Interview erklärt er, was in Runde Nr. 5 neu ist und welche Vorteile die Neuausrichtung für die jungen, digital engagierten Teams mit sich bringt.

Digitales Ehrenamt, soziales Engagement und soziale Projekte: Eine Vielzahl an Teams wurde in den letzten Jahren erfolgreich von Amazon und Stifterverband gefördert. Wie knüpft die aktuelle Förderrunde an die bisherigen Erfolge an?

digital.engagiert hat in der Vergangenheit sehr gut funktioniert – das belegen die teilweise sehr großen Erfolge der bisherigen (Gewinner-)Teams. Trotzdem gibt es immer und überall Optimierungspotenzial. Nach jeder Förderrunde fragen wir uns: Was können wir besser machen, um noch mehr Innovation zu fördern? Das größte Potenzial sahen wir für Runde Nr. 5 in der Steigerung der Digitalität des Programms. Wir haben beobachtet, dass es in den sozial engagierten Teams oft an digitaler Expertise, technischem Know-how und dem Wissen um dessen Einsatz fehlte. Folglich war die Digitalisierung im Rahmen der Förderinitiative bislang nur beschränkt möglich. Ob App, Website oder Chatbot – eine erste Produktidee kristallisiert sich meist schnell heraus, die technische Umsetzung ist jedoch nicht so einfach. AWS kann hierbei bestmöglich unterstützen. Wir glauben daran, dass Sozialunternehmen ihre Wirkung vor allem durch die Chancen der Digitalisierung steigern können. So soll in Zukunft noch mehr Digitales entstehen.

Der bisherige Ansatz von Amazon und Stifterverband wird also fortgeführt und in Anlehnung an die Bedarfe der digital.engagiert-Teams in puncto Digitalisierung und Technik-Expertise optimiert. Worin bestehen die konkreten Verbesserungen?

Die Förderphase ist inhaltlich in drei Blöcke unterteilt: die Produktvision (1), das Prototyping (2) und der Go-to-Market (3). Im ersten Block wurden die Teams intensiv dabei unterstützt, ihre Produktvisionen zu entwickeln – mithilfe von Workshops, in denen die Innovationsmethodik Working Backwards von Amazon zum Einsatz kam, und individualisierten Coachings. Nach nur einem Monat Förderphase entstand so eine klare, fundierte Produktvision. Im komplett neuen zweiten Block werden die Teams personell und mit einem Höchstmaß an IT-Expertise unterstützt. Für die Erstellung von Prototypen kooperiert AWS mit dem Digital Transformation Lab der Hochschule München zur Förderung von Innovationen im öffentlichen Sektor, durch das Munich Center for Digital Sciences and AI (MUC.DAI). In Block Nr. 3 dreht sich alles darum, wie ein Sozialunternehmen aufgestellt sein sollte, um den Markt zu betreten und die eigene Idee zu vermarkten.

Im Rahmen des zweiten Blocks stellt also nicht nur Amazon Web Services sein Technik-Know-how zur Verfügung, sondern auch die Hochschule München bzw. das MUC.DAI?

Genau – jedem digital.engagiert-Team wird mindestens ein Tech-Team bestehend aus sechs bis zehn Studierenden und Professor:innen mit Informatik-Background zugewiesen, das sich ein ganzes Semester mit der Übersetzung der Produktvision in einen Prototypen beschäftigt. Besonders sind dabei nicht nur die personelle Aufstockung des Teams und die zusätzliche IT-Expertise, sondern auch der frische Blick auf das Projekt. Die Studierenden kennen den technischen Übersetzungsprozess gut, sind mit den relevanten Akzeptanzkriterien vertraut, wissen, worauf es ankommt, und können aus diesem Grund die Produktvision und die von den Teams angedachten Produktfeatures auf die Probe stellen. Über mehrere Wochen hinweg begleiten die Studierenden die Teams bei drei wichtigen Schritten: Product Backlog, Solution Architecture und Prototyp. Zunächst arbeiten die Teams und ihre Unterstützer:innen an einer Feature-Liste (Welche Funktionen soll das Produkt besitzen?). Diese Anforderungen werden in eine Software-Architektur übersetzt. Es resultiert ein erstes mögliches Endprodukt – der Prototyp. Gearbeitet wird agil: Was war das (Etappen-)Ziel? Welches Resultat haben wir erreicht? Sind wir damit bereits am Ziel? Was muss optimiert werden?

Nur selten besteht die Möglichkeit, im Rahmen des Studiums an einem digitalen sozialen Projekt aus der Praxis zu arbeiten. Ist das Engagement Teil ihres Studiums oder freiwillig?

Die Mitwirkung bei digital.engagiert ist Bestandteil der Informatik-Ausbildung an der Hochschule München. Indem wir eng mit Studierenden zusammenarbeiten, können wir Wissensimpulse setzen und ihnen Zugang zu innovativen AWS-Technologien verschaffen. Sie hingegen können von erfahrenen Branchenexpert:innen lernen und reale Probleme lösen. Und durch ihr Engagement im Rahmen von digital.engagiert tun sie zusätzlich etwas Gutes für die Gesellschaft.

Wie sieht das Endprodukt der Zusammenarbeit der jungen digital.engagiert-Teams und der Studierenden aus?

Die Teams verlassen die Förderphase mit einer Produktvision, einem Product Backlog, einer fertigen, AWS-basierten Lösungsarchitektur, die später selbst oder von einem Dienstleister nach Plan gebaut werden kann, und einem Prototypen. Das was sie auf dem Papier entwickelt haben, wird von den Studierenden gebaut – jedoch nicht im Sinne einer produktiven Lösung, sondern als ein „Stück“ Software, das demonstriert, wie das künftige Produkt aussehen könnte. Damit sind die Teams zwar noch lange nicht am Ziel, sie erreichen aber einen wichtigen Meilenstein und ein neues Reifestadium. Die Entwicklung des fertigen Produkts liegt dann bei den Teams selbst.

Wie und zu welchen Themen wird den Teams der Förderinitiative von Amazon, Amazon Web Services und Stifterverband in den weniger technischen Phasen Wissen vermittelt?

Ob Wirklogik, Business Modelling, Storytelling oder Fundraising – die Teams werden in Impulsvorträgen an Themen herangeführt, die für den Aufbau ihres digitalen sozialen Projekts oder ihres Sozialunternehmens wichtig sind. Konkret bedeutet das, dass die Arbeit an der Produktvision und die Vorbereitung des Go-to-Markets von verschiedenen Impulsvorträgen begleitet werden. Hier arbeiten wir mit externen Expert:innen zusammen, beispielsweise mit Dr. Sebastian Planck, CEO des MUC.DAI, zu den Themen Wirklogik und Wirkanalyse: Welche gesellschaftliche Wirkung kann ein Sozialunternehmen erreichen? Wie entsteht diese Wirkung? Und was sollten die Akteure dabei im Auge behalten?

Dass ihr digitales Engagement nur eine Wirkung entfalten kann, wenn ausreichend Ressourcen investiert werden, haben die Teams verstanden. Wie man an die Ressourcen gelangt – ob Partner:innen, finanzielle Mittel, personelle Unterstützung – das wird im Business Plan festgehalten. Die Grundlage dieses Plans ist die Lösungsvision (Block 1). Erst wenn man eine Vision hat, seine Zielgruppe und ihr Problem versteht, den Benefit, der die Lösung für die Zielgruppe leisten kann, kennt, und die eigene Wirklogik versteht, kann die Geschäftsmodellierung in Angriff genommen werden.

Im darauffolgenden Schritt erhalten die digital.engagiert-Teams einen Einblick in das Storytelling: Sie lernen, ihre Geschichte zu erzählen und sich und ihre Vision zu verkaufen. Denn nur wer eine spannende, eingängige und verständliche Geschichte erzählt, kann Partner:innen oder Investor:innen für sich gewinnen.

Wie geht es für die Teams nach der digital.engagiert-Förderphase weiter? Welche Rolle spielen Amazon, Amazon Web Services und Stifterverband dabei?

Auch digital.engagiert folgt einer Wirklogik: Mit den Angeboten, die wir den Teams machen, helfen wir ihnen, Meilensteine zu erreichen und erhöhen ihre Sichtbarkeit, und wir befähigen sie mit Methoden, Tools, Know-how und Kontakten dazu, sich weiterzuentwickeln. Darüber hinaus möchte AWS möglichst viele von den zehn Teams über die Förderinitiative hinaus begleiten, sodass sie ihre Reise fortsetzen können – bis sie schließlich ein Produkt erschaffen haben, das wirkt und die Gesellschaft voranbringt.