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Samstagnachmittag in Hannover. Menschen laufen durch die Fußgängerzone – einige sind in Eile, andere schlendern gemütlich. Inmitten dieser Menschen steht ein Mann. Er trägt eine ausgewaschene Hose, ein T-Shirt und alte Schuhe. Er steht dort mit einem Schmunzeln und einem stolzen Gesichtsausdruck. Der Mann ist „selbstständiger Verkäufer“ des niedersächsischen Straßenmagazins Asphalt, wie es sich selber nennt. Er hat die Ausgaben zuvor für einen Stückpreis von 1,10 € erworben und verkauft sie für 2,20 € pro Magazin an die Passanten in der hannoverschen Fußgängerzone. Den Gewinn und das Trinkgeld darf er behalten. „Ich verkaufe seit 17 Jahren, da ich keine Arbeit in meinem gelernten Beruf finde. Ich komme raus und bin unter Leuten, habe viele gute Gespräche mit meinen Kunden. Mir fehlt schon was, wenn ich nicht verkaufen gehe – an Feiertagen zum Beispiel“, erzählt der 57-jährige Matthias Klein (Name von der Redaktion geändert).
Die Aufgabe des Magazins beschreibt Georg Rinke, seit 2017 Geschäftsführer bei Asphalt, so: „Die Verkäufer erfahren durch die Aufgaben bei Asphalt, etwas wert zu sein, gebraucht zu werden und eine sinnvolle Aufgabe zu haben.“ Noch mehr als über den kleinen Verdienst freuen sich die Verkäufer deshalb über den Kontakt mit den Menschen, die ein Magazin bei ihnen kaufen. „Viele unterhalten sich mit den Verkäufern, hören ihnen zu und erzählen von sich. Der soziale Kontakt ist den Verkäufern besonders wichtig, denn dadurch werden sie zu einem Teil der Gesellschaft“, erklärt der Hannoveraner Georg Rinke und ergänzt: „Beim Verkaufen entsteht eine Kommunikation zwischen völlig verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die Vorurteile abbaut.“
Verkäufer werden ist gar nicht so schwer
Die Asphalt-Verkäufer sind aus ganz unterschiedlichen Gründen zu Bedürftigen geworden. Einige haben physische oder psychische Probleme, andere haben durch Schicksalsschläge ihren Job oder ihr Zuhause verloren. „Verkäufer werden ist gar nicht so schwer. Derjenige kommt zu uns, wir prüfen, ob er oder sie bedürftig ist und los geht‘s.“ Als „selbstständige Verkäufer“ lernen sie, sich wieder selbst zu organisieren und Verantwortung zu übernehmen. Dadurch bietet das Asphalt-Magazin Hilfe zur Selbsthilfe.
Mehr als ein Straßenmagazin
Asphalt ist ein Straßenmagazin, das mit einer Auflage von circa 22.500 Stück vorwiegend in Hannover, aber auch in anderen niedersächsischen Städten verkauft wird. Einziger Vertriebskanal sind die mehr als 150 Verkäufer. Das Magazin gibt es bereits seit 1994 und es feiert 2019 sein 25-jähriges Jubiläum. Georg Rinke kümmert sich um die Organisation des Gesamt-Betriebs, Personalführung und Fundraising. Zuvor hat er 20 Jahre in einer Bank gearbeitet, bis er sich selbstständig machte. „Ich habe mich schon immer ehrenamtlich engagiert. Und ich wollte das Wissen und die Erfahrung meines bisherigen Werdegangs in einer sozialen Einrichtung weitergeben“, erklärt er. Bei seiner Tätigkeit wird Georg Rinke von einem 10-köpfigen Team aus Redakteuren, einer Grafikerin, Vertriebs- und Sachbearbeitern und einem Sozialarbeiter unterstützt. Die Mitarbeiter sind festangestellt, aber auch ca. 30 weitere ehrenamtliche Unterstützer hat das Magazin.
„Wir schicken niemanden weg. Wer Hilfe braucht, kann zu uns kommen."
Asphalt berichtet überwiegend über soziale Themen und regt Diskussionen in diesem Bereich an. Das Magazin gibt auch den Bedürftigen eine Stimme: In der Rubrik „Asphalt Cowboy“ erzählen Verkäufer ihre persönliche Geschichte. In jeder Ausgabe gibt es auch andere Themen, wie zum Beispiel Interviews mit Matthias Schweighöfer oder dem Papst. Für die Jugendlichen gibt es ein Kidsheft des Straßenmagazins. Denn auch ihnen soll erklärt werden, was Obdachlosigkeit ist.
Asphalt unterstützt auch mit Sozialarbeit, um Bedürftige wieder in die gesellschaftliche Mitte zu bringen. „Wir schicken niemanden weg. Wer Hilfe braucht, kann zu uns kommen.“ Ein Projekt, das Georg Rinke besonders am Herzen liegt, ist das Gesundheitsprogramm, das Asphalt gemeinsam mit einer Krankenkasse und u.a. der Volkshochschule Hannover auf die Beine gestellt hat. Es hilft den Verkäufern mit Koch- und Einkaufskursen, Fitnessprogrammen, aber auch psychologischer Betreuung zu einem gesünderen Lebensstil.
Von der Straße in die Zukunft
Das Magazin wird nicht durch öffentliche Gelder finanziert, denn es will unabhängig und frei Bericht erstatten. Es trägt sich hauptsächlich über den Verkauf des Magazins, Anzeigen im Heft und finanzielle Zuwendungen. Deshalb ist das Magazin auch bei AmazonSmile registriert. Mit einem Einkauf bei AmazonSmile können Amazon Kunden Asphalt unterstützen, denn Amazon gibt 0,5 Prozent des Einkaufspreises an eine ausgewählte soziale und teilnehmende Organisation weiter. „Mein größter Wunsch wäre, wenn wir nicht mehr gebraucht werden. Das wird aber leider nicht passieren. Deshalb wünsche ich mir viele Unterstützer und regelmäßige Zuwendungen, damit wir Planungssicherheit haben. Wir wollen den Menschen direkt helfen und auch unsere Projekte sollen den Menschen direkte Hilfe ermöglichen“, beschreibt Georg Rinke seinen Wunsch mit Blick in die Zukunft.