Immer mehr Menschen kaufen Produkte im Internet. Doch stimmt es, dass durch den E-Commerce stationäre Ladengeschäfte verdrängt werden und Innenstädte aussterben? Wir haben bei den Experten Eva Sprengnetter und Joris D’Incà von Oliver Wyman nachgefragt, die sich genau mit diesen Fragen in einer Studie befasst haben.
Immer wieder wird unterstellt, E-Commerce würde den stationären Handel verdrängen. Was sagen die Fakten: Wie hoch ist der Anteil von E-Commerce am gesamten Einzelhandelsumsatz und wie entwickelt sich der Umsatz im Ladengeschäft?
In den untersuchten Ländern – Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Polen, Schweden und Spanien legte der Anteil des E-Commerce am gesamten Handelsumsatz in den Jahren 2010 bis 2019 von 4 % auf 11 % zu – in Deutschland erreichte er 12 %. Mit einem jährlichen Wachstum von 15 % entwickelte sich der E-Commerce viel dynamischer als der stationäre Handel und steuerte trotz eines deutlich geringeren Marktanteils absolut betrachtet rund die Hälfte des Gesamtzuwachses der letzten zehn Jahre bei. Zusammen erzielten stationärer Handel und E-Commerce ein jährliches Plus von durchschnittlich 2 % auf 2.189 Milliarden Euro im Jahr 2019 in den acht untersuchten Ländern. Der stationäre Handel und E-Commerce verschmelzen zunehmend, weil klassische Geschäfte ins Internet vorstoßen. Handelsketten, und mit den Lockdowns in der Corona-Zeit nun auch kleinere Läden, verfolgen zunehmend einen Multichannel-Ansatz und sind damit für 20 % des Wachstums im Online-Segment zwischen 2010 und 2019 verantwortlich.
Was ist denn dran an der Befürchtung, der Onlinehandel lasse die Innenstädte veröden?
Eine Verdrängung der Non-Food-Ladengeschäfte in Innenstädten durch die Online-Konkurrenz konnte durch die Studie nicht bestätigt werden. Die Metropolen zeigen sich beim stationären Handel im Untersuchungszeitraum bis 2019 im Allgemeinen stabil. Untersucht wurden Großstädte wie London, Paris und Hamburg, die alle einen dynamischen E-Commerce haben. Eine vergleichbare Entwicklung zeigt sich auch in mittelgroßen und selbst kleineren Städten, wenn sie eine wachsende Bevölkerung mit einem überdurchschnittlichen Wohlstand aufweisen.