„Frauen und Technik“, sagte man früher wenig reflektiert – und verfestigte mit dieser Einstellung jahrzehntelang ein strukturelles Problem, welches bis heute dazu führt, dass Frauen in MINT-Berufen unterrepräsentiert sind. Laut Statistischem Bundesamt sind lediglich 16,3 Prozent der Angestellten in Informatik-Berufen und 14,1 Prozent in technischen Berufen weiblich. Sich nicht mit althergebrachten Klischees aufzuhalten, sondern stattdessen etwas zu ändern, hat sich die Initiative AWS GetIT zum Ziel gesetzt.

Das Programm startete im April 2018 in Großbritannien partnerschaftlich zwischen Amazon Web Services (AWS) und der britischen Stiftung Future Foundations und ist inzwischen auf Irland und Deutschland ausgeweitet worden. In Deutschland wird AWS GetIT von Future Foundations getragen und durch den Verein MINT Zukunft schaffen! unterstützt. AWS GetIT zielt darauf ab, jungen Frauen die Möglichkeit zu geben, Fähigkeiten im Bereich Informatik und Technik aufzubauen. Die Umsetzung erfolgt dabei nicht auf kurze, sondern auf lange Sicht: AWS GetIT ist ein einjähriges Programm, das jungen Mädchen die Fähigkeiten vermitteln soll, die sie in der Welt der Technik benötigen. Da dies besonders gut in jungen Jahren funktioniert, hat AWS einen Wettbewerb für 12- bis 13-jährige Schüler:innen ins Leben gerufen, der sie inspirieren soll, eine Karriere im MINT-Bereich anzustreben. Um sicherzustellen, dass hierbei auch viele Schülerinnen erreicht werden, bestehen alle am Programm teilnehmenden Teams zu mindestens 50% aus Mädchen.

Ein zentraler Bestandteil des Wettbewerbs sind die von AWS gestellten Botschafterinnen, die die Schülerinnen im Rahmen eines Mentorings begleiten und ihre eigenen Erfahrungen als Frauen in der Technologiebranche mit den Schüler:innen teilen. Schon über 100 Botschafterinnen sind dem Programm bisher beigetreten – im Raum Deutschland, Österreich und Schweiz sind es bisher 13: „Durch AWS GetIT habe ich als Botschafterin die Möglichkeit gehabt ein Vorbild für die Schülerinnen zu sein“, freut sich Botschafterin Kathleen Lau zum Beispiel über ihre persönlichen Erfahrungen. „Sie zu ermutigen, sich mit Technologien auseinander zu setzen, war mir sehr wichtig. Wenn sie die unterschiedlichen Technologien und damit verbundenen Rollen in der Technologie-Branche näher kennenlernen können, sie sich aktiv dafür oder dagegen entscheiden. Das Programm und Feedback der Schüler:innen zeigt, dass das Interesse noch mehr geweckt wurde.“

Um dieses Interesse gleich in Praxis umzuwandeln, besuchen die Botschafterinnen Schulen nicht nur, um mit Vorträgen zu inspirieren, sondern auch, um im Rahmen eines Wettbewerbs bei der Erstellung einer App-Idee zu helfen. Ziel ist es dabei, ein Problem der Schule oder im lokalen Umfeld zu lösen. Um dieser Aufgabe gewachsen zu sein, nehmen die Schülerinnen an einem GetIT-Projekttag bei AWS teil. Jede Schule kann bis zu zwei Ideen für den Wettbewerb einreichen, eine AWS-Jury grenzt die Teilnehmer:innen auf zehn Teams ein, wobei die Finalist:innen ihre Ideen vor einem größeren Publikum präsentieren. Mit dieser Idee hat AWS GetIT im ersten Jahr bundesweit über 800 Schüler:innen an 28 Schulen erreicht. 16 dieser Schulen haben insgesamt 24 Ideen eingereicht und großartige Ergebnisse erzielt. 50 Freiwillige von AWS sichteten die Einreichungen und bestimmten gemeinsam zwei Final- sowie ein Gewinner:innen-Team.

Das Finale erreichte zum einen die Gruppe des Hohenstaufen Gymnasiums in Eberbach mit ihrem Lehrer Nicolas Keller und der AWS GetIT Botschafterin Helene Durst. Sie entwickelten eine App-Idee namens „Vrage“. Mit einem Gamification-Ansatz ermuntert sie Schüler:innen ab der 5. Klasse, (Lehramts-)Student:innen sowie Lehrer:innen dazu, schulspezifische Fragen zu stellen und zu beantworten. Zum anderen erreichte das Team des Adolf Weber Gymnasiums (AWG) in München mit Dorothee Graswald und der Botschafterin Kathleen Lau das Finale. Die Idee hier: „Best Orientation“, eine App, die sich an blinde und sehbehinderte Schüler:innen wendet und diesen Orientierung auf dem Schulweg und Schulgelände bietet. Sie empfiehlt Ausweichrouten, warnt vor Hindernissen und bietet weiteren Mehrwert durch die Verknüpfung mit Apps wie z.B. Google Maps.

Die finale Entscheidung im engen Wettbewerb verkündete die bayerische Staatsministerin für Digitales, Judith Gerlach. Ihre wichtigste Botschaft vorab: „Ihr hattet nicht nur gute Ideen, die unsere Welt ein bisschen besser machen, sondern auch die Energie am Ball zu bleiben und Euch neue Kenntnisse anzueignen.“ Eine Aussage, die sich nicht nur an die Finalist:innen richtete, sondern an die Gesamtheit der Teilnehmenden – denn alle, die bei AWS GetIT 2020/21 dabei waren, haben gewonnen: „Erfahrungen“, mit denen sie „bestens gerüstet“ sind, „erfolgreich in der Zukunft zu sein – digital ebenso wie analog“, wie es Gerlach ausdrückte. Im Anschluss gab sie bekannt: „Ich freue mich zu verkünden, dass der erste Platz an ‚Best Orientation‘ geht. Herzlichen Glückwunsch an Ivana, Pauline, Marlena, Nina, und Felicia!“

Die fünf Gewinner:innen zeigten sich natürlich überglücklich. „Es war mal was Neues, das man nicht jeden Tag macht.“, fand AWG-Schülerin Felicia. „Und es ist natürlich cool zu sehen, wie gut unsere Idee angekommen ist.“ Alle Team-Mitglieder betonten aber auch, dass für sie nicht nur der Gewinn des Wettbewerbs, sondern speziell die im Zuge dessen gemachten Erfahrungen von besonderem Wert waren: „Es war eine tolle Erfahrung und hat sehr viel Spaß gemacht. Außerdem was es sehr interessant was man in dem Bereich IT alles machen kann.“, sagt beispielsweise Siebtklässlerin Nina. Auch Pauline fand: „Ich habe sehr viel im Bereich IT gelernt.“ „Wir waren oft anderer Meinung, doch daran sind wir gewachsen und haben gelernt damit umzugehen. Am Ende haben wir sogar geschafft zu gewinnen. Es war wirklich eine tolle Erfahrung, die ich so wieder machen würde.“ beschreibt Marlena ihre Erfahrung mit AWS GetIT. Und ihre Mitschülerin Ivana ergänzt: „Ich kann mir jetzt vorstellen, in diesem Bereich vielleicht auch mal zu arbeiten.“

Auch die Lehrerin Mehtap Mosavi, die am AWG die Co-Betreuung des AWS GetIT Programms übernahm, zog ein positives Fazit des gemeinsamen Abenteuers: „Für uns war ein ganz besonderes Highlight des Engagements natürlich der intensive Kontakt zu unseren Schülern:innen. Im schulinternen Wettbewerb haben wir 50 Teams zusammenbekommen, die viele tolle und sehr verschiedene App-Ideen eingebracht haben.“ Ihre Kollegin Dorothee Graswald ergänzt: „Die Schüler:innen sind in diesem Projekt so aufgeblüht und haben so kreative Ideen entwickelt!“ Ein Eindruck, den AWS GetIT Ambassador Kathleen Lau bestätigte: „Ich war überwältigt von der Begeisterung sich mit Technologien auseinander zu setzten, um ein Problem an der Schule oder im eigenen Umfeld zu beheben“, sagte sie und fährt fort „sehr beeindruckt hat mich auch das organisatorischen Engagement der beiden Lehrerinnen Dorothee Graswald und Mehtap Mosavi. Sie haben alle Schüler:innen neben Home Schooling aktiv betreut und die ganze Schulfamilie mit Elternbeitrag, Mittelstufensprecher:in, Schulleiter und das Lehrerkollegium eingebunden. Wir hatten super viel Spaß zusammen in den letzten sieben Monaten.“ Um weiter an ihrer App-Idee zu arbeiten, verbringt das Gewinner:innen-Team einen ganzen Nachmittag mit AWS-Expert:innen, die Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Im September 2021 starten die nächsten etwa 30 Schulen deutschlandweit mit ihren siebten und achten Klassen mit dem AWS GetIT Programm.