„Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt“, so steht es im Pressekodex. Doch aufwändige Recherchen kosten Zeit und Geld. Beides können sich viele Redaktionen heutzutage nicht mehr leisten. CORRECTIV will diese Lücke füllen. Es ist das erste deutsche, unabhängige und gemeinnützige Recherchenetzwerk. Das Ziel: die Aufklärung der Gesellschaft.
David Schraven war 16, als ihm auffiel, dass viele Menschen mit ihren Anliegen kein Gehör finden. „Ich komme aus Bottrop im Ruhrgebiet. Bei uns gab es in den 80er Jahren eine große Transformation: Zechen wurden zugemacht und Stahlwerke geschlossen. Etliche der vom Umbruch betroffenen Menschen fanden kein Gehör, sie hatten keine Stimme.“ Damals wurde David Schraven klar: Sein Weg ist der Journalismus.
„Verändern können die Welt nur Menschen. Journalismus kann ihnen die dazu notwendigen Informationen geben."
Der 47-Jährige schrieb für „Die Tageszeitung“, die „Süddeutsche Zeitung“ und „Die Welt“. Zuletzt leitete er das Ressort Recherche bei der „Funke-Mediengruppe“. Doch seine Arbeit wurde immer schwieriger: „Es wurde immer offensichtlicher, dass die Art von Geschichten, die ich wichtig finde – personalintensive, aufwändige Geschichten, die sich weder an lokale noch an darstellerische Grenzen halten – kaum noch zu finanzieren sind.“ Also gründete David Schraven 2014 gemeinsam mit Kollegen CORRECTIV.
Unabhängig, gemeinnützig und faktenorientiert
Über 20 fest angestellte Reporter sowie einige freie Journalisten recherchieren und schreiben für CORRECTIV. Um unabhängig arbeiten zu können, finanziert sich das Recherchezentrum, das seinen Hauptsitz in Essen hat, durch Mitgliedsbeiträge sowie durch Zuwendungen von Stiftungen. Seit kurzem nimmt CORRECTIV auch an AmazonSmile teil. Mit jedem Einkauf über AmazonSmile gibt Amazon 0,5 Prozent des Einkaufswertes an teilnehmende Organisationen weiter. „Diese Form der Unterstützung gibt uns die Freiheit, gründlich recherchierte Geschichten zu erarbeiten, die sich nicht an Klicks und Abozahlen messen lassen müssen – sondern an der Wirklichkeit“, sagt Gründer und Geschäftsführer Schraven.
Seine Recherchen und Geschichten überlässt correctiv.org kooperierenden Zeitungen und Zeitschriften, Radio- und Fernsehsendern zur Veröffentlichung oder veröffentlicht selbst im Internet. Es sind Themen wie Klimawandel, der deutsche Wohnmarkt oder Entwicklungen in Gesellschaft und Wirtschaft, mit denen sich das Recherchenetzwerk auseinandersetzt. Themenfelder, „bei denen etwas im Argen liegt“ und CORRECTIV mit seinen Recherchen Veränderungen in der Gesellschaft anstoßen möchte.
Die redaktionelle Gesellschaft
CORRECTIV gibt aber nicht nur seine Geschichten weiter, sondern auch seine Methoden. „Wir stehen für eine redaktionelle Gesellschaft. Wenn sehr viele Menschen in Deutschland verstehen, wie Kommunikation und Informationsweitergabe funktionieren, dann kann die Gesellschaft immun gegen Desinformation werden“, ist David Schraven überzeugt. Reporterfabrik.de heißt eine Onlineakademie, die derzeit entsteht. Die „Journalistenschule für alle“ möchte die Grundlagen der Aufklärung weitergeben und bietet Bürgern kostenlose Trainings etwa zu korrektem Schreiben und der Beschaffung von Informationen.
Der journalistische Idealismus brennt noch immer in David Schraven und auch die Idee von einer aufgeklärten Gesellschaft: „Ich bin fest davon überzeugt, dass Menschen, wenn sie gute, verlässliche Informationen haben und über Hintergründe von Entwicklungen aufgeklärt werden, in der Lage sind, die Gesellschaft nach vorne zu bringen und sie zu verbessern.“